Er sinkt auf die Knie, wirft den Schläger in die Luft, lässt sich nach hinten sinken und reißt die Arme hoch. In dieser Sequenz fällt der ganze Druck, der auf den Schultern einer Nummer eins lastet, ab. Er hat es vollbracht: Ma Long ist und bleibt der beste Tischtennisspieler auf dem Planeten. Der 28-Jährige verteidigte vor 8000 Zuschauern in der ausverkauften Messehalle Düsseldorf seinen WM-Titel. Im Finale setzte sich der Olympiasieger und Weltranglistenerste gegen seinen aufstrebenden Landsmann Fan Zhendong in sieben Sätzen durch. Ein würdigeres Finale der LIEBHERR WM 2017 in Düsseldorf hätte es nicht geben können. Phantastische Ballwechsel, unfassbares Tempo und überraschende Wendungen hatte das Endspiel zu bieten – und eine Schlussphase, die das Publikum elektrisierte. Fan Zhendong führte im Entscheidungssatz mit 6:3, beim Stande von 9:9 war der Titel ganz nah. Doch Ma Long nutzte seinen zweiten Matchball zum 12:10. Der alte und neue Weltmeister, der am Vortag Timo Boll im Viertelfinale besiegt hatte, verteidigte seinen Triumph von Suzhou 2015.
Ma Long: "Verrückteste Spiel, das ich jemals erlebt habe"
„Das ist wohl das verrückteste Spiel, das ich jemals erlebt habe. Ich bin sehr glücklich, aber auch supermüde. Natürlich war dieses Mal das Glück auf meiner Seite. Das tut mir Leid für Fan Zhendong, aber ich glaube, ihm wird die Zukunft gehören“, richtete Ma Long auch Worte an den Verlierer. In die Zukunft gerichtet sagte der Weltmeister: „Der Weg zu den Olympischen Spielen in Tokio ist für mich noch lang. Ich werde den Weg Schritt für Schritt gehen. Hier in Düsseldorf ist das chinesische Nationalteam so stark, weil wir als eine Mannschaft aufgetreten sind. Wir haben einen enormen Teamgeist. Wir hatten nichts voreinander zu verbergen, da wir traditionell eng zusammenzuarbeiten.“
Fan Zhendong: "Kleinigkeiten gaben Ausschlag"
Vize-Weltmeister Fan Zhendong, World-Cup-Sieger von Saarbrücken 2016, hatte im Finale einen 1:3-Satzrückstand wettgemacht und am Ende den zweiten ganz großen Einzeltitel auf dem Schläger. Doch Ma Long, von der FAZ mal zum „menschlichen Außerirdischen“ getauft, hatte etwas dagegen. „Wir haben auf einem hohen Level gespielt. Glückwunsch an Ma Long. Wir beide haben eine großartige Leistung abgeliefert. Kleinigkeiten haben den Unterschied ausgemacht. Was genau, ist schwer zu beschreiben. Ich werde an Details arbeiten und etwas für meine Schnelligkeit tun, denn ich war nicht immer schnell genug“, sparte der 20-jährige Fan nicht mit Selbstkritik.
Boll: "Großes Finale"
„Ma Long hat es sowohl menschlich als auch sportlich verdient“, hatte Timo Boll über seinen Doppelpartner bei dieser WM, schon am Sonntag nach der Viertelfinal-Niederlage gesagt. Nach dem Finale kommentierte der Rekord-Europameister via Facebook: "Großes Finale. Glückwunsch an Ma Long. Wow hat der Nerven."
Im Halbfinale am Vormittag hatten sich Ma Long (gegen Landsmann Xu Xin) und Fan Zhendong (gegen Koreas Lee Sangsu) jeweils klar durchgesetzt.